Verkehrswende in Lübeck: Reicht Pull oder ist auch Push notwendig?

„Mobilität in Lübeck – Verkehrswende oder Stillstand” unter dieser Fragestellung hatte die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion am vergangenen Donnerstag zu einer öffentlichen Fraktionssitzung geladen. Neben Gästen aus Verbänden, Wirtschaft und NGOs diskutierten auch Bürger:innen anlässlich der bevorstehenden Richtungsentscheidung der Bürgerschaft über den Verkehr der Zukunft in Lübeck. Durch die Veranstaltung führten die GRÜNEN Fraktionsmitglieder Silke Mählenhoff und Dr. Axel Flasbarth.

03.05.22 –

„Mobilität in Lübeck – Verkehrswende oder Stillstand” unter dieser Fragestellung hatte die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion am vergangenen Donnerstag zu einer öffentlichen Fraktionssitzung geladen. Neben Gästen aus Verbänden, Wirtschaft und NGOs diskutierten auch Bürger:innen anlässlich der bevorstehenden Richtungsentscheidung der Bürgerschaft über den Verkehr der Zukunft in Lübeck. Durch die Veranstaltung führten die GRÜNEN Fraktionsmitglieder Silke Mählenhoff und Dr. Axel Flasbarth.

Die Lübecker Bürgerschaft wird am 19. Mai über die grundsätzliche Ausrichtung der Verkehrspolitik in Lübeck in den nächsten 20 Jahre entscheiden. Die Vorstellungen der Fraktionen gehen hierzu sehr weit auseinander. Während die GroKo aus SPD und CDU praktisch einen Stillstand auf Basis des heutigen Verkehrsmixes beantragt haben, schlägt die AfD sogar einen Rollback hinzu mehr Autoverkehr vor. Im Gegensatz dazu fordern Verwaltung und auch die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion eine Verkehrswende mit deutlich erhöhten Anteilen des Umweltverbundes aus Fahrrad, ÖPNV und Fußverkehr.

Janna Aljets von Agora erläuterte die Vorteile einer Verkehrswende, die zum einen notwendig ist, um die festgelegten Klimaziele zu erreichen und den Klimawandel zu stoppen. Aber auch, weil unsere Mobilität mit dem aktuellen Schwerpunkt auf motorisiertem Individualverkehr und entsprechend vielen Staus schlicht schlecht funktioniert und durch Lärm, Schadstoffe und Platzverbrauch unsere Lebensqualität deutlich reduziert. Das Potential für eine Steigerung des Anteils von ÖPNV und Fahrradverkehr in Lübeck in den nächsten 20 Jahren bezifferten Sebastian Clausen von ARGUS und Dr. Wolfgang Raabe vom ADFC jeweils mit einer Verdoppelung. Notwendig hierfür seien aber einerseits ein konsequentes Handeln und Investitionen in ÖPNV und Fahrradinfrastruktur, die in Lübeck in den vergangenen Jahren leider nur sehr unzureichend stattgefunden haben. Und andererseits würde es auch wissenschaftlich einen Konsens darüber geben, dass solche Pull-Faktoren für eine wirkliche Verkehrswende nicht ausreichen und zusätzlich sogenannte Push-Maßnahmen notwendig seien, die stärkere Anreize für einen Umstieg bieten, wie z.B. eine Umwandlung von Fahrspuren in Radwege oder Busspuren und eine Verknappung und Verteuerung von Parkraum.

Auch Manfred Braatz von der IHK Lübeck wünschte sich Verbesserungen für ÖPNV und Fahrradinfrastruktur und unterstützte den Vorschlag der Verwaltung für eine deutliche Reduzierung des PKW-Anteils am zukünftigen Verkehrsmix. Allerdings sprach er sich gegen den Einsatz von Push-Faktoren aus, um den Bedürfnissen des Lieferverkehrs, aber auch des gewerblichen und privaten PKW-Verkehrs nicht entgegen zu wirken.

Hierzu erklärt Silke Mählenhoff, Fraktionsvorsitzende:

“Wir freuen uns sehr, dass die Experten ein grundsätzliches Potential für eine Verkehrswende in Lübeck sehen, das selbst über unsere bisherigen Forderungen hinausgeht. Auch wir sehen, dass eine sehr wünschenswerte Verdopplung von ÖPNV und Fahrradverkehr in Lübeck nur möglich ist, wenn jetzt unverzüglich und sofort gehandelt und in der Verkehrspolitik eine deutliche Wende eingeleitet wird. Der aktuelle Stillstand bei der Fahrradinfrastruktur muss abgelöst werden von einer Investitionsoffensive. Die notwendigen finanziellen und personellen Ressourcen sind vorhanden, sie müssen nur endlich umgewandelt und fokussiert für den Fahrradverkehr eingesetzt werden. Und auch beim ÖPNV hat die Sparpolitik der letzten Jahre ihre Spuren hinterlassen und muss korrigiert und umgekehrt werden. Unser Ziel für den Stadtverkehr Lübeck sollte nicht nur ein Wiedererreichen der vergangenen Qualität, sondern eine deutlich darüber hinausgehende Verbesserung sein.”

Dr. Axel Flasbarth, stv. Fraktionsvorsitzender ergänzt:

“Die Diskussion um Pull- vs. Push-Maßnahmen in der Verkehrswende ist keine einfache. Aber wir sollten zur Kenntnis nehmen, dass die bisherigen Erfahrungen und ihre wissenschaftlichen Auswertungen deutlich zeigen, dass sich nur mit Pull-Maßnahmen wenig erreichen lässt und dass die eingesetzten Mittel für Pull-Maßnahmen ohne Push-Unterstützung nur eine sehr geringe Effektivität und Effizienz erwarten lassen. Vor diesem Hintergrund freuen wir uns einerseits, dass die Lübecker Wirtschaft schon eine erheblich fortschrittlichere Position in der Verkehrspolitik vertritt als etwa CDU und SPD. Andererseits wünschen wir uns aber auch mehr Offenheit für eine insgesamt andere Verteilung des Straßen- und Stadtraums. Auch die Wirtschaft sollte erkennen, dass wir nur mit einem deutlich anderen Verkehrsmix zu einem attraktiveren Standort im harten Wettbewerb um gute Mitarbeiter*innen werden können. Und auch die Stauprobleme in Lübeck lassen sich nur nachhaltig lösen, wenn wir mehr Menschen vom Umstieg in andere Verkehrsmittel überzeugen können. Dafür sollten wir uns mehr Push-Maßnahmen trauen, auch wenn es dabei manchmal ruckelig werden kann.”

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Fraktion | Stadtplanung und Baupolitik | Verkehr und Mobilität

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